Drei Zutaten und die weisen Gesten von vor 1000 Jahren
Milch, Salz und Lab der Rasse Reggiana: So wurde der „König der Käse“ geboren
Der Parmigiano Reggiano Vacche Rosse wird aus der Milch der Verbandsmitglieder gewonnen, welche zweimal täglich geliefert wird. Das Melken erfolgt am Morgen und nach 12 Stunden wieder am Abend. Der Milchtransport erfolgt, wenn das Produkt noch frisch und die Gefahr und von ungewollten Fermentationen niedrig ist. Die Milch der Roten Kühe wird in der Molkerei in großen Becken gelagert, wo Milchfermente (Milchsäurebakterien) entstehen und sich das Fett zusammen mit Verunreinigungen über die Nacht auf natürlichem Wege an der Oberfläche absetzen kann. Dieser Prozess wird Ausrahmen genannt.
Am darauffolgenden Morgen wird das überschüssige Fett von der Milch getrennt und zur Herstellung von Butter verwendet. Danach werden die Käsekessel mit einer Mischung aus entrahmter Milch aus den Becken vom Vortag und frischer Vollmilch gefüllt. Die zwei Milchsorten werden entsprechend gefiltert und in einen glockenförmigen Kupferkessel gegeben, dessen Inhalt circa 1.100kg Fassungsvermögen und für zwei Käseformen reicht. Um ein Kilogramm gereiften Parmesankäse der Roten Kühe zu erhalten, braucht man fast 14 Liter Milch.




Kochen in Kupferkesseln
Im Hohlraum des Kupferkessels strömt Dampf: Die Temperatur erreicht sofort 20°C um die Milchmischung und Milchfermente herzustellen, welche für die Bakterienkultur des Vortages eine günstige Umgebung darstellen. Danach werden Milchsäurebakterien hinzugefügt, welche sich sofort in den Milchzuckern vermehren, den pH-Wert senken und für den langen Prozess der Reifung wichtig sind. Eine wichtige Phase für die Milchgerinnung und darauffolgende Entstehung der Dickete, dessen unerwünschte Mikroben die Milchsäure nicht vertragen.


Von Generation zu Generation
Die so erhaltene Milch wird nochmals auf 33-34°C erhitzt, um den Magen eines Kalbs zu simulieren: Jetzt wird das Lab, eine kleine Menge weißen Pulvers aus Salz und Renin, einem Verdauungsenzym aus dem Magen des jungen Kalbs, hinzugefügt. Das Mischen der flüssigen Milchmasse endet jetzt: An der Oberfläche scheint alles ruhig zu sein, aber in Wirklichkeit erfolgen in der Milchmasse in nur zwölf Minuten große Veränderungen. Die Milch gerinnt, da die Proteine zusammen mit dem restlichen Fett vom Enzym des Labs und der Säure in einer dichten Textur eingekerbt und verbunden werden. Der Käsermeister kontrolliert diese für die Augen unscheinbare Phase mit der Rückseite seiner Finger: Die Dickete wird zu einer gelartigen Masse, die das gesamte Volumen der Milch einnimmt. Nun folgt der Moment des Käsebruchs, in der der Käsermeister die Milchmasse mit einer Käseharfe aus Edelstahldrähten erst vorsichtig in große Scheiben schneidet, um das kurz zuvor gefangene Fett nicht zu verlieren, dann aber die Masse immer energischer in kleinere Teile schneidet, die gegen Ende des Prozesses so groß wie Reiskörner sind. Dieser Vorgang dient dazu den Käsebruch (halbfest) von der Molke (flüssig) zu trennen, da nur in dieser kleinen Form jedes Fragment der Mischung mit Hilfe eines mechanischen Rührgeräts das Wasser abgeben kann, dass es noch in seinem Inneren enthält. Während der Mischung wird mit der Erhitzung des Käsebruchs auf 55-65°C fortgefahren, dessen Ziel es ist, nur die für die Reifung wichtigen Milchbakterien auszuwählen. Bis in die 50’er Jahre erfolgte die Erhitzung des Kessels mit Hilfe von Feuer und kleinen „Sotcaldèra“ genannten Holzbündeln, für das die Lehrlinge des Käsermeisters verantwortlich waren.
Das Können des Meisters Casaro
Sobald der Käsebruch den gewünschten Trocknungsgrad erreicht, unterbricht der Käsermeister abrupt das Rühren und Erhitzen. Die schweren Käsekörner des Käsebruchs (käsige Flocken) lagern sich am Boden der Molke ab, von der sie bis vor kurzem noch Teil war. Während einer Wartezeit von ungefähr einer Stunde verbinden sich die schweren Käsekörner untereinander und geben den Rest der überschüssigen Molke ab. Mit Geschick und der Hilfe einer wasserdurchlässigen Hanfleinen sowie einer Holzschaufel fährt der Käsermeister fort und wickelt den Käsebruch in das Hanfleinen ein, hängt dieses auf und lässt noch ein wenig heiße Molke abtropfen. In jedem Hanfleinen werden 90kg Käsebruch eingewickelt: Genug für zwei Käselaibe. Der Käsebruch wird in zwei Blöcke geschnitten und, stets einwickelt in Hanfleinen, in zylindrische Holzformen gesetzt, die dem Käse erstmals seine runde Forme verleihen. Jede Holzform wird in regelmäßigen Abständen umgedreht, um das gleichförmige Abfließen der überschüssigen Molke zu begünstigen. Schon am Ende des ersten Tages wird die Hanfleinen entfernt und zwischen Käsebruch und Holzform ein wiederverwendbares Band mit Prägung eingefügt, dass über die Identifikationsnummer der Molkerei, Herstellungsdatum, der DOP-Marke sowie die charakteristische Prägung der Herkunftsmarke verfügt: Parmigiano Reggiano. Ein Name, den man auf jeder „Punta“, jedem einzelnen keilförmigen Stück des Käses lesen kann.
Um dem Käse seine charakteristische konvexe Form zu verleihen wird der Käselaib in eine neue Form aus Metall gegeben.

Das Salzen
Am vierten Tag befindet sich der Käselaib bereits in Salzlake, d.h. in großen mit Salz gesättigten Becken, gegeben zu werden. Die Käselaibe verbringen 20 Tage in der Salzlake, damit das Salz den Käse durchdringen kann und ihm das gewünschte Aroma und Haltbarkeit verleiht. Salz, wenn man so sagen kann, ist der einzige Konservierungsstoff, der dem Parmigiano Reggiano hinzugefügt wird. Andere Konservierungsstoffe werden vom Regelwerk in keiner Form akzeptiert. Der Käselaib wird dann mit noch niedrigerem Wassergehalt aus dem Salzbad genommen und in einen heißen Raum gebracht, um die Bildung der Käserinde und die Trocknung zu begünstigen. Alternativ wird der Käselaib Sonnenstrahlen ausgesetzt, um die natürliche Bildung der Rinde zu fördern.

Die Würze
Es ist der letzte Tag bevor die Reifung beginnt. Die Reifung beginnt zuerst in einem Lagerhaus neben der Molkerei, wo bis zu 100 Käselaibe auf robusten Holzplatten in Regalen gelagert werden. Der Parmesankäse wird danach von den Gutachtern des Consorzio del Formaggio del Parmigiano Reggiano untersucht und in ein spezielles Lager für Reifung transportiert. Für Parmesankäse der Rinderrasse Reggiana dauert dieser Aufenthalt mehr als zwei Jahre. Nur nach Ablauf dieser Zeit und einer sorgfältigen Analyse der unveränderten Qualität des Käses durch einen Experten des Consorzio Vacche Rosse ist es möglich, die Marke Vacche Rosse zu verwenden. Über diesen langen Zeitraum hinweg hatte der Parmesankäse Vacche Rosse die Möglichkeit über die Reifung einen konkurrenzlosen Geschmack und die charakteristische Farbe zu entwickeln, der ihn von anderen Käsesorten unterscheidet.
